Nun fast 6 Monate nach der Rückkehr fragt man sich doch jeden Tag was ist übrig geblieben? Was hat man eingepackt und mitgenommen. Schnell, sogar extrem schnell ist der Alltag wieder Herr. Die Freunde fühlen sich wieder vertraut an und man freut sich über Altbewährtes und Neues. Doch immer wieder in diesen Momenten wenn der Kopf zur Ruhe kommt, sind sie wieder da. Diese Bilder und Erinnerungen. Am Anfang diese Frage: und wie wars in Afrika? Schön oder? Klar war es schön, aber war es nicht eher Ernüchternd und Lehrend? Es ist eine Herzensangelegenheit geworden. Ein Stück Heimat die immer mit dabei ist.
Es hat verändert und man ist irgendwie bewusster geworden. Der Blick dreht sich in mehrere Richtungen und das Herz wird weicher. Doch was kommt nun ist die Frage. Einfach rum und fertig? Weiterverfolgen? Auf jeden Fall! Es gibt überall, gerade im jetzt so viele Orte in Afrika wo medizinisches Personal gebraucht wird. Der Grundstein für eine weitere Richtung im Lebensweg ist gelegt. Jeder Tag war einfach ein so großes Geschenk mit seinem Auf und Ab. Für immer wird dieses Jahr eines der wichtigsten bleiben. Etwas ganz großartiges und keinen einzige Stunde möchte man missen. Aber es wurde auch deutlich wie wichtig Menschen sind welche so ein Jahr mittragen mit guten Gedanken und dem vermitteln es ist gut das du dort bist. Besuch, Emails Telefon. ..Der Kontakt ist wichtig und irgendwie zu vielen intensiver geworden. Die Familie, die Freunde. Bald wird es wieder Zeit für neues. Tansania ist und bleibt eine 2 Heimat welche ganz tief im Kopf und Herzen bleibt
Eva in Tanzania
Mein Jahr in Kigonsera.
Sonntag, 21. Dezember 2014
Rückblick
Montag, 7. Juli 2014
Was sich bewährt hat
So kurz vor dem Ende kann man dann schon mal einen Blick zurück werfen. Genau in 29 Tagen um 17.35 ist man dann wieder in Deutschland. Was sich denn so bewährt hat in Tansania? Da stehen an erster Stelle natürlich Freunde und Familie. Emails, Päckchen und jede Menge guter Gedanken. Dicht gefolgt von meinem Dior Lippenstift welcher jegliche Temperatur super vertagen hat und sich 1A auftragen lässt. Medizinisch-Englisch-Deutsch Wörterbuch und natürlich das Kisuaheli Wort für Wort. Schuheeeee kann man hier eigentlich fast nur in Dar es salam kaufen und T-shirts gibts irgendwie auch nicht einfarbig. In der Klinik freue ich mich nun die ersten offiziellen Guidelines in den Wards zu verteilen. Auch sieht man kleine Fortschritte was den perioperativen Part angeht. Da wird nun genauer überlegt was muss man machen wann und wie. Ist doch gestern Abend ein Bus umgefallen und hat uns in der Nacht um 11 noch 9 etwas schwer verletzte Patienten eingebracht...Babys und Omas alles dabei. Als dann um 2 Feierabend ist, ruft das Bett fast schon hysterisch. Jeden Tag bin ich tief gerührt was hier die Angehörigen auf sich nehmen um die Kranken zu pflegen. Da wird auf dem Boden geschlafen und rund um die Uhr geschaut. Morgen sind es noch genau 4 Wochen zum Heimflug. Muss quasi schon packen. Man packt doch mehr ein als nur Gegenstände. ..
Montag, 30. Juni 2014
Die letzten 30 Tage in Ikonda
Seit Italien aus dem Rennen ist, ist natürlich die WM mein Lieblingsthema. Mit allen Mitarbeitern wird lautstark über die WM gesprochen wenn immer sich ein Italiener in der Nähe aufhält. Und da gibt es noch Shedrack. Er ist Anfang 30 und wird mit einer großen Schnittwunde am Hals in der Nacht eingeliefert. Zusammen mit Gian Piaolo nähen wir fast einmal um den Hals. Zum Glück nichts schlimmes verletzt. Ich frage so nebenbei was denn passiert sei... Shedrack erzählt mir das seine Frau ihn mit einer Glasflasche verprügelt hat. Nicht das erste mal werden Männer verletzt eingeliefert welche von den Frauen prügel einstecken müssen. Bestimmt jedoch meist zurecht. Nach ausgeheilten Wunden geht es dann zur Ehefrau zurück. Die Sprachkultur ist hier eine andere. Es wird weniger gesprochen, mehr gehandelt. Am einzigen freien Ausschlaftag schleppt Virginia mich morgens um 7 in die Messe um den Chor dort zu sehen... sehr nett aber lange nicht die Qualität von Kigonsera. Schon jetzt muss ans packen gedacht werden. .. alles da fürs Stuttgarter Sommerfest? ? Raus aus dem Flieger rein in die Arbeit. So kurz vor der Heimreise ist das vermissen der Liebsten am stärksten. .
Freitag, 27. Juni 2014
Leitlinien
Um den Standard der Klinik zu heben bilden wir eine kleine Arbeitsgruppe. 2 Chirurgen aus Italien und ich. Wir beginnen mit einer Leitlinie für den Präopertiven Part. Als Folien über Folien fertig sind haben wir eine Menge Inhalt zum Thema Katheter, Vitalzeichen,Antibiotika und Mobilisation. Während ich den Norden erkundet habe, stellen Pietro und Gian Paolo den Ärzten die neuen Linien vor. Nun ist der Schwesternteil an mir. Father Sandro macht unser Meeting zur Pflicht und dann sitzen da am Nachmittag 50 Nurses und die Assistenten vor mir. Mit der PowerPoint klappt dann alles ganz gut und die Fragen können beantwortet werden. Ja nun heißt es das Neue in die Tat umzusetzen. Das ist schwierig nach Jahrelangen Gewohnheiten. So muss immer wieder erinnert werden das nicht jeder Patient einen Katheter braucht oder rasiert werden muss. Das war nur der erste Streich und der zweite folgt sogleich. Der postoperative Part.
Dienstag, 24. Juni 2014
STROKE
In der Nacht kommt sie an, weit gereist mit Mutter und Ehemann. Neema ist 35 und hat 5 Kinder. Stolze Mama. Irgendwie stimmt etwas nicht merkt man daheim. Der Urin lässt sich nicht mehr kontrollieren und die Bewegungen wollen auch nicht mehr. 4 Stunden sind sie angreist. Da der Femaleward voll ist kommt Neema in den Surigalward. Am Morgen lernen wir uns in der Morgenvisite kennen. Sie spricht nichts und schaut einen nur an. Reagiert aber auf alles, Zunge raus etc. Stroke schreibt der Doctor. Katheter und Physio. Naja er ist Chirurg und kein Internist. Die Chirurgen verschwinden in den op. Ich warte auf den Internist. Gegen 11 Uhr muss sich Neema übergeben. Um 11.30 kommt Mbiliny und sagt Eva komm der Patient ist schlecht. Schlecht ist kein Wort, Neema liegt im Bett und schnappt nur noch. Mein Pulsoxy am Finger zeigt 30% an. Die Schwester will den Blutdruck messen. Zu spät sage ich nur. Ruf einen Arzt. Als dann ein Arzt kommt sind 7 Minuten Herzmassage vergangenen. Du kannst aufhören wird gesagt. Die Mutter von Neema fängt lautes klagen und weinen an. Und die Kinder und die Kinder sagt sie immer wieder. Ich finde den Ehemann im Garten die Wäsche waschen. Er sieht schon das es schlechte Nachricht gibt und fängt an zu weinen. Tage wie diese sind leider viel zu häufig in Tansania. Jede Hilfe wird gebraucht.
Samstag, 21. Juni 2014
Wieder in Ikonda
Angekommen nach diesem perfekten Urlaub geht es direkt in die Arbeit. In den letzten 2 Wochen haben sich die Aufgaben gestapelt. Zu meiner unfreudigen Überraschung sehe ich noch teils die selben Patienten. Dann ist da die Sache mit Winfrieda. Sie ist jung und ziemlich krank. Ihre Mutter bittet um Entlassung da kein Geld mehr vorhanden ist und seit gestern auch kein Essen mehr gekauft werden kann. Leider ist der Zustand so schlecht das wir sie nicht entlassen können. Da der Ehemann und die Großeltern gestorben sind kann niemand mehr mit Geld aushelfen. Da schalte ich dann mal unseren Sozialdienst ein. Die Patientin wird über ihre Situation befragt und bekommt nun bis Montag. Ich muss mal wieder schlucken. Die Armut der Menschen trifft hier besonders da es richtig auf die Gesundheit geht. Am Abend feiern wir noch mit den Mitarbeitern einen Consulata Tag und ich bekomme ein süßes Baby ausgeliehen. Ich muss schon langsam meine Sachen aussortieren... und bald mal packen.
Dienstag, 17. Juni 2014
Familie auf Safari
Samstag, den 07.06.2014 um 4:15 in Stuttgart, im Hause Zimmermann alles dunkel. Leider war der Abiball am Vorabend doch etwas laenger gegangen und die 10 Minuten kurz mal hinlegen haben eben doch nicht ausgereicht. Um 4:30 Abfahrt Taxi. Langsam werden alle von Mama geweckt und es wird kurz Panik gemacht, schlussendlich sitzen wir aber doch alle rechtzeitig im Auto auf dem Weg zum Flughafen. Unser Ziel: ueber Amsterdam nach Dar es Salaam. Im Flugzeug wird erstmal der fehlende Schlaf nachgeholt damit wir dann natuerlich quicklebendig um 22 Uhr in Dar ankommen konnten. Draussen dann das lang erwartete Widersehen: Nach 10 Monaten endlich wieder die Schwester/Tochter umarmen! Eva hat uns freudigst erwartet und direkt von ihren unglaublichen Sprachkenntnissen im Kisuaheli gebrauch gemacht. Wir waren sprachlos!
Am naechsten morgen ging es frueh los, Eva hatte viel mit uns vor. Wenn man in dieses Land kommt, und zuvor noch nie in Afrika war, ist es klar dass man erst einmal ueberforert ist mit Allem. Menschen, Stadt, das fuer Tansanier geordnete, fuer uns aber voellig unuebersichtliche Chaos, Gerueche, einfach alles. Wenn man dann noch an den Ort in dieser Stadt geht wo genau das alles auf einmal zusammentrifft ueberlegt man sich dann doch nochmal aus dem Taxi ueberhaupt auszusteigen. Keine Gnade, raus auf den Kariakoo Markt. Hier findet man alles was man zum Leben braucht: Kleider, Stoff, Rasenmaeher, Huehnerfutter, Naehmaschienen, und vereinzelt auch ein paar Lebensmittel. Das tolle an diesem Markt und an unserer ersten wirklichen Beruehrung mit Tansania war, dass man jegliches Vorurteil ablegt. Man wird nicht belaestigt, eigentlich kaum beachtet. Man kann sich alles anschauen, die Menschen sind freundlich und man kann sich relativ gut eingliedern. Fuer uns war das der perfekte Auftakt, so haben wir gleich am ersten Tag gehandelt, gekauft und viel geredet. Also Eva, wir waren einfach zu baff um viel dazu beizutragen, geschweigedenn dass uns eh niemannd versteht. Beeindruckend war auch das Gesicht der Tansanier sobald Eva angefangen hat Suaheli zu sprechen. Das ging die ganze Reise ueber so, immer wieder voellig erstaunte, aber sofort erfreute und glueckliche Gesichter der Menschen. Da will man diese Sprache sofort auch koennen, allein um diese verwunderten, freudigen Gesichter zu sehen.
Ein weiteres Highlight unserer Reise war das Treffen mit unserem ersten Guide. Fazo holte uns am Flughafen am Kilimandscharo ab und war fuer die naechsten fuenf Tage fuer uns verantwortlich. Zuerst etwas schuechtern und schweigsam fuhren wir mit ihm die 4 Stunden Richtung unserem ersten Park Tarangire, der sogenannten Heimat der Elefanten. Dort angekommen wollte er sofort mit uns unseren ersten Game Drive, also die erste Safari machen. Also sassen wir weitere 5 Stunden im Auto, holperten ueber die Wege und konnten unseren Augen kaum trauen. Man schaute rechts: drei Elefanten. Man schaute links: ein paar Zebras und Impalas. Man schaute gerade aus: ein voellig aufgescheuchter Vogelstrauss rannte vor einem her. Die Vielfalt und Schoenheit des tansanischen Nordens wurde in den ganzen Ausfluegen mit Fazo komplett vervollstaendigt. Angefangen von den Big Five bis hin zu saemtlichen Vogelarten und einer neuen Pflanzenwelt konnten wir im Tarangire Park und in unserem naechsten Park, dem Ngorongoro Krater wirklich alles bewundern. Seine Geduld auch an jedem Elefantenbaby doch nochmal halt zu machen und sein leicht schuechternes Schmunzeln bei unserem minuetlichen Gelaechter im hinteren Teil des Autos ueber einen von Patcis komplett auf den Punkt gebrachten Sprueche oder Pes staendig verzoegerter Reaktionsaufnahme machten die lange Zeit die wir mit ihm zusammen im Auto verbrachten zum gemeinsamen Abenteuer. Auch beim Abschied merkten wir wie sehr uns allen die gemeinsame Zeit gefallen hat. Da wurden beinahe 2/3 Traenen verdrueckt!
Das abenteuerlichste Ereignis hatten wir an unserem naechsten und letzten Stop, im Serengeti National Park. In diesen Parks gilt ueberall strikt „Don't feed the animals“. Dass sich die lieben Schmusekatzen aus Tansania auch mal selbst bedienen koennten stand aber nirgends. So hatten wir, inklusive unserem neuen Guide Cumber ploetzlich beim betrachten der Loewen aus 3 Meter Entfernung, das Gefuehl in deren Augen nur noch ein Buffet zu sein wo man sich ueberlegte zu starten. Der Angstschweiss der sich entwickelte bei dem Gedanken gleich eine Loewin auf dem Schoss sitzen zu haben verfolgte uns noch den ganzten Tag!
Man kann sagen, dass wir in allen drei Parks von der Landschaft und dem Reichtum an Tieren ueberwaeltigt waren. Und wir hatten eine ganze Menge Glueck: angefangen vom Leopard der neben uns auf einen Baum geklettert ist und Siesta gemacht hat, ueber den Auftritt eines Rhynos aus weiter Ferne bis hin zum lebenden Lemming,Schakale, Hyaenen, Adler, Eulen, Affen, das alles und noch viel mehr waren Ereignisse die nicht jedem der auf Safari geht so in den Schoss fallen.
In der Zeit, die wir hier in Tansania verbringen konnten hatten wir so viele Erlebnisse die uns immer in Erinnerung bleiben werden, viel zu viele um sie hier alle mitzuteilen. Das ganze Land in seiner Schoenheit und der unendlichen Landschaft auf der einen Seite und dem entgegengesetzt die Armut und dem Kampf um Wasser aus menschlicher als auch tierischer Sicht auf der anderen Seite werden wir nie vergessen.
Unser eigentlicher Dank aber gilt dir, liebe Schwester Eva! Wie du hier mit den Menschen umgehst, wie du dich hier integriert hast, was wir von deiner anstrengenden Arbeit erfahren haben und wie du das haendelst ist einzigartig. Wir sind begeistert von deiner Freude die du hier auf jeden, egal ob Tourist oder Einheimischen uebertraegst, deiner Offenheit jedem gegenueber. Safari koennen viele machen, aber auf die Art und Weise wie du uns an die Menschen gebracht hast kommt keiner ran. Wir sind stolz auf dich und danken dir fuer diese unvergessliche Zeit.
Asante Sana, Eva
PiPaPeLe